Hochsensibilität ist ein Persönlichkeitsmerkmal, welches sich durch eine intensive Wahrnehmung von Reizen äussert. Hier findest du eine Übersicht von Merkmalen für Hochsensibilität, Herausforderungen im Alltag für hochsensible Menschen und Tipps, um mit diesen umzugehen.
Was ist Hochsensibilität?
Hochsensibilität geht mit einer höheren Empfindlichkeit oder Reaktionsfähigkeit auf die Umwelt und soziale Reize einher. Für die Empfindlichkeit eines Menschen gibt es eine genetische und biologische Grundlage. So hat sich beispielsweise gezeigt, dass Menschen mit hochsensiblen Merkmalen stärkere Gehirnreaktionen aufweisen, die mit Bewusstsein, Gedächtnis, Selbst- und Fremdverarbeitung und Empathie in Zusammenhang stehen.
Bei Hochsensibilität handelt es sich nicht um eine Störung oder Diagnose, sondern um ein normales Merkmal, das als Teil der angeborenen Eigenschaften eines Menschen auftritt.
Was sind die Merkmale von Hochsensibilität?
Hochsensible Menschen empfinden alles sehr intensiv, haben starke Emotionen und ziehen sich bei Überforderung schnell zurück. Emotionale Erschöpfung sind die Folge. Falls du dich in den folgenden Aussagen wiederfindest, bist du vermutlich hochsensibel:
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Du empfindest alles sehr intensiv und hast oft starke Emotionen
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Du neigst dazu, dich von Stress in Beziehungen oder bei der Arbeit überwältigen zu lassen
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Du ziehst dich zurück/isolierst dich, wenn du überwältigt oder überfordert bist.
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Du bist eine Perfektionistin oder möchtest es allen Recht machen und kannst sehr selbstkritisch sein
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Du fühlst dich von belebten Orten/grossen Menschenmengen, lauten Geräuschen oder starken Gerüchen stärker beeinträchtigt als andere Menschen
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Du hast Schwierigkeiten mit Veränderungen und dem Treffen von Entscheidungen (besonders unter Zeitdruck)
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Du brauchst Zeit für dich, um dich nach einem anstrengenden Tag oder einem gesellschaftlichen Ereignis zu entspannen
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Dir fällt es schwer, Geschehenes oder Gesagtes loszulassen
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Du fühlst dich häufig besorgt, ängstlich oder emotional erschöpft und weisst nicht warum
Für eine genauere Einschätzung, findest du auf meiner Website einen Test um herauszufinden, ob du hochsensibel bist. Keine Sorge, das bedeutet nicht, dass mit dir etwas nicht stimmt. Der Forschung zufolge ist Hochsensibilität, auch sensorische Verarbeitungssensibilität genannt, eine angeborene Eigenschaft, die etwa 20% der Bevölkerung betrifft und auch bei über 100 Tierarten vorkommt, vom Fisch bis zum Elefanten.
Jede hochsensible Person ist einzigartig und hat ihre eigene Art von Sensibilität. Die Forschung zeigt aber auch, dass es vier Merkmale gibt, die alle hochsensiblen Menschen gemeinsam haben.
Evolutionstheorien gehen davon aus, dass sich die sensorische Verarbeitungssensibilität entwickelt hat, um das Überleben von Arten zu sichern. Hochsensible Menschen nehmen Chancen als auch Bedrohungen besser wahr und reagieren besser auf ihre Umwelt - sie halten in neuen Situationen eher inne und prüfen zuerst. Zu den weiteren Vorteilen gehören soziale Vorteile, wie die Fähigkeit hochsensibler Menschen, auf die Bedürfnisse anderer Menschen einzugehen.
Jede hochsensible Person ist einzigartig und hat ihre eigene Art von Sensibilität. Aber die Forschung zeigt, dass es vier Merkmale gibt, die alle hochsensiblen Menschen gemeinsam haben: Tiefe der Verarbeitung, Überstimulation, Emotionale Reaktivität und Empfindsamkeit für subtile Reize
1. Tiefe der Verarbeitung
Forschungsstudien mit fMRI-Gehirnscans haben gezeigt, dass die Gehirne hochsensibler Menschen bei denselben Reizen stärker aktiviert werden als die Gehirne nicht hochsensibler Menschen - was auf eine grössere Verarbeitungstiefe derselben Informationen hindeutet. Sie haben ein hohes Mass an Selbstwahrnehmung und eine erweiterte Wahrnehmung der Welt um sie herum. Zu dieser Verarbeitungstiefe gehören Dinge wie eine tief verwurzelte Erinnerung an Ereignisse und das Sehen dessen, was sich hinter dem geistigen Auge befindet. Die Forschung hat gezeigt, dass hochsensible Menschen tiefgründig denken, sich für spirituelle Ideen interessieren und mit hoher Wahrscheinlichkeit einer sinnvollen Arbeit nachgehen.
2. Überstimulation
Hochsensible Menschen haben ein sehr empfindliches Nervensystem, was bedeutet, dass sie leicht von ihrer Umwelt überfordert oder überstimuliert werden können. Jeder Mensch wird durch seine Kindheitserfahrungen beeinflusst, aber die Kindheit einer hochsensiblen Person spielt eine noch grössere Rolle - und das kann sich sowohl positiv als auch negativ auswirken. Wer in einer nährenden und unterstützenden Umgebung aufgewachsen ist, leidet im späteren Leben wahrscheinlich nicht so sehr unter Überforderung, Stress und Ängsten.
3. Emotionale Reaktivität
Die Forschung hat gezeigt, dass hochsensible Menschen mehr Spiegelneuronen haben, die für das Einfühlungsvermögen verantwortlich sind, und auch in den Bereichen des Gehirns, die für die Verarbeitung von Emotionen zuständig sind, gibt es mehr Aktivität. Hochsensible Menschen empfinden ihre Emotionen intensiver, und das kann manchmal überwältigend sein. Es hat sich gezeigt, dass hochsensible Menschen von der Kunst, der Natur und der Verbundenheit mit anderen Menschen tief berührt sind - ihr Gehirn registriert diese Erfahrungen mit grösserer Belohnung und mehr Emotionen.
4. Empfindsamkeit für subtile Reize
Hochsensible Menschen sind sensibler für subtile Reize in ihrer Umgebung. Dazu gehören ihre physische Umgebung und Dinge wie zum Beispiel Essen, soziale Umgebungen wie grosse Menschenmengen oder die Stimmungen sowie nonverbale Hinweise bei anderen Menschen. Sie reagieren auch empfindlicher auf sensorische Reize wie helles Licht, Lärm oder starke Gerüche. Schliesslich sind sie auch empfindlich gegenüber subtilen Veränderungen in ihrer inneren Umgebung, wie Gedanken, Gefühlen und Körperempfindungen.
Hochsensibel zu sein, ist ein wahres Geschenk – wenn man weiss, wie man damit umgehen kann.
Was sind Herausforderungen für hochsensible Menschen?
In Anbetracht der Tatsache, dass hochsensible Menschen alles um sich herum wahrnehmen und dazu neigen, Dinge tiefgreifend zu verarbeiten, ist es für sie leicht, überwältigt oder emotional erschöpft zu werden. Einige häufige Herausforderungen, mit denen hochsensible Menschen konfrontiert werden können, wenn sie nicht die richtigen Werkzeuge und Techniken zur Emotionsregulierung erhalten haben, sind:
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Überforderung/Überstimulation
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Ängste, Depressionen, Abhängigkeiten
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Schüchternheit oder soziale Ängste
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Abneigung gegen Smalltalk oder oberflächliche Beziehungen
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Starke Emotionen (sowohl gute als auch schlechte)
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Schwierigkeiten mit Veränderungen oder dem Treffen von Entscheidungen
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Das Gefühl, unverstanden/isoliert/allein zu sein
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Stress durch Beziehungen oder Arbeit
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Perfektionismus
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Keine Prioritäten setzen
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Keine Grenzen gegenüber anderen setzen (z.B. "Nein" sagen)
Das hört sich nun alles so negativ an, auch, weil der Begriff "hochsensibel" in unserer Gesellschaft einen negativen Beigeschmack hat. Hochsensibel zu sein bedeutet aber in keiner Weise, dass man schwach oder irgendwie falsch ist.
Hochsensible Menschen haben einfach ein feiner abgestimmtes Nervensystem als der Rest der Bevölkerung, das es ihnen ermöglicht, Informationen und Reize aufzunehmen und tiefgreifend zu verarbeiten, die die meisten Menschen gar nicht wahrnehmen.
Welche positiven Seiten hat Hochsensibilität?
Hochsensibel zu sein ist ein wahres Geschenk, wenn man weiss, wie man damit umgehen kann. Hochsensible Personen
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sind sehr intuitiv und scharfsinnig, bemerken oft Nuancen, die anderen entgehen
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sind hochgradig einfühlsam, mitfühlend und rücksichtsvoll gegenüber den Gefühlen anderer
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sind sehr verbunden mit der Natur
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resonieren mit einem spirituellen Weg oder einer Heilreise
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wertschätzen die kleinen Dinge im Leben
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bauen tiefe Freundschaften auf
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sind kreativ in einem oder mehreren Bereichen des Lebens (Kunst, Musik, Schreiben und so weiter
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sind schnelle Lerner und tiefgründige Denker
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blühen in einer nährenden Umgebung und haben das Potenzial, grosse Führer und Heiler dieser Welt zu sein
Hochsensibilität hat so viele positive Seiten, die mit gängigen Mythen aufräumen. Zum Beispiel:
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Es handelt sich nicht um Introvertiertheit, denn 30% der hochsensiblen Menschen sind extravertiert. Auch wenn viele Hochsensible introvertiert sind oder gerne Zeit allein verbringen, heisst das nicht, dass man nicht auch extravertiert sein kann.
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Es handelt sich nicht um eine Störung wie Autismus, sensorische Verarbeitungsstörung, Aufmerksamkeitsdefizitstörung oder posttraumatische Belastungsstörung. Es mag einige Ähnlichkeiten zwischen diesen Merkmalen geben, aber es ist wichtig, zwischen ihnen zu unterscheiden.
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Hochsensibilität ist nicht häufiger bei Frauen anzutreffen; der Prozentsatz der Männer und Frauen ist ungefähr gleich hoch. Für Männer kann es sogar schwieriger sein, sich mit den Eigenschaften zu identifizieren oder ihre Sensibilität anzuerkennen, weil wir es oft als "Makel" empfinden, als Mann sensibel zu sein.